Die Indologie erforscht die Sprachen, Kulturen und Gesellschaften des indischen Subkontinents von den Anfängen bis in die Gegenwart. Die Forschung basiert zu einem wesentlichen Teil auf der philologischen Erschliessung von Originalquellen in den verschiedenen indischen Sprachen und deren Untersuchung mithilfe kulturwissenschaftlicher Fragestellungen und Methoden, zum anderen auf der Erhebung von Daten mit den Methoden der qualitativen und quantitativen Sozialwissenschaft. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch die materiellen Kulturen Südasiens, die sich in Kunst, Architektur und Archäologie abbilden. Dementsprechend wird in den von Indologie angebotenen Studienprogrammen ein besonderes Gewicht auf den Spracherwerb gelegt sowie auf die Vermittlung fundierten Grundlagenwissens über die Geschichte, Gesellschaft, Kunst, Archäologie, Literatur, Philosophie, Religion, Politik und Wirtschaft. Das methodische Spektrum der Indologie umfasst die Methoden der Textphilologie, Texthermeneutik und der Kulturwissenschaften sowie die quantitativen und qualitativen Methoden der Sozialwissenschaften.
Im Bereich der Sprachen liegt der Schwerpunkt zumeist auf Sanskrit, Pali, Hindi und Urdu. Sanskrit erlaubt das Studium und die Erforschung der Quellen des indischen Altertums (älteste Quellen ab ca. 1200 v. Chr.) und Mittelalters und damit der Literatur, Geschichte, Religion und Philosophie aus dieser Zeit. Die Kenntnis einer mittelindischen Sprache (z.B. Pali) erweitert das Spektrum der Texte beispielsweise im Hinblick auf die Literatur des Buddhismus und Jainismus. Hindi und Urdu gehören zu den wichtigsten südasiatischen Landessprachen der Gegenwart und eröffnen auch die Möglichkeit, sich mit der modernen südasiatischen Literatur sowie mit den gegenwärtigen geschichtlichen, gesellschaftlichen und intellektuellen Entwicklungen zu beschäftigen. Auch für die sozialwissenschaftliche Erforschung der aktuellen politischen, sozialen und ökonomischen Entwicklungen bilden Kenntnisse einer modernen indischen Sprache die Grundlage. Die beiden Standorte der Indologie in der Schweiz, Lausanne und Zürich, bieten jeweils Sprachkurse in den verschiedenen Sprachen an. Diese ermöglichen einen direkten und umfassenden Zugang zu den Erscheinungsformen der indischen Kultur in den verschiedenen Epochen ihrer Geschichte sowie zu aktuellen politischen und sozialen Prozessen. Die Kenntnis von Sprache, Kultur und Gesellschaft kann durch einen Aufenthalt an indischen Universitäten und durch Studienreisen vertieft werden.
Die Schwerpunkte der kulturwissenschaftlichen indologischen Forschung liegen in folgenden Bereichen: Geschichte und Gegenwart des indischen Subkontinents, Geschichte der indischen Religionen (Buddhismus, Hinduismus, Jainismus, Islam in Indien) in Vergangenheit und Gegenwart, philologische Erschliessung der überlieferten Quellen zu Kultur und Gesellschaft, indische Literaturen und Philosophien. Im Bereich der sozialwissenschaftlichen Erforschung des modernen Indien liegen die Schwerpunkte in den Bereichen Politik und Prozesse der Demokratisierung, Entwicklungspolitik, soziale Strukturen im Spannungsfeld urbaner und ländlicher Räume. Da die Indologie sich Anfang des 19. Jh. als Fach etablierte, ist ihre Geschichte eng mit der durch Kolonialismus und Modernisierungsprozessen geprägten Beziehungen zwischen Indien und Europa verbunden. Daher spielen Forschungen zur Geschichte dieser Beziehungen in der Indologie eine wichtige Rolle. Das zeigt, dass Indologie als ein Fach, dass sich mit einer ausser-europäischen Kultur beschäftigt, auch immer wieder zum Nachdenken über die „eigenen“ kulturellen Kontexte und gesellschaftlichen Fragen einlädt. Die Auseinandersetzung mit den Rahmenbedingung, Problemen und Chancen von Interkulturalität spielt daher eine wichtige Rolle.
Die Indologie bietet eine vertiefte und vielschichtige, auf originalsprachlichen Quellen basierende Erarbeitung eines anderen kulturellen und sozialen Kontextes. Damit unterscheidet sie sich von Disziplinen, die bestimmte Aspekte der indischen Kultur und Gesellschaft in ihre Studienprogramme einbeziehen (z.B. Politikwissenschaft oder Soziologie) oder sie vor allem in einer vergleichenden Perspektive behandeln (z.B. Religionswissenschaft oder vergleichende Literaturwissenschaft). Daher erheben Studierende der Indologie einen hohen Grad der Expertise, die sie, neben einer wissenschaftlichen Karriere, für verschiedene Berufsfelder qualifizieren (Bibliothekswesen, Medien, Kulturmanagement etc.).
Studienmöglichkeiten Indologie/Etudes Indiennes in der Schweiz
Im Zentrum der Zürcher Indologie stehen:
- Sprachausbildung in Sanskrit, Pali und Hindi
- Analyse der Literaturen, Religionen und Philosophien Indiens in Vergangenheit und Gegenwart und deren historisch-soziale Kontexte
- Politik, Wirtschaft und sozialer Wandel im modernen Indien
- Geschichte der Austauschbeziehungen zwischen Indien und Europa in der Moderne
- Methoden und Geschichte indologischer Forschung
Universität Zürich
Das Studium der Indologie an der Université de Lausanne orientiert sich an drei grundlegenden Achsen:
- Spracherwerb und Methoden philologisch-historischen Arbeitens (Sprachen: Sanskrit, Hindi, Urdu, Pali)
- Historisch-kulturelle Kontextualisierung der Literaturen, Religionen und Philosophien Südasiens
- Transkulturelle Perspektiven auf die Geschichte Südasiens
Im Bereich des MA-Studiums ist es möglich, sich auf folgende Schwerpunktbereiche zu konzentrieren:
- Geschichte und Literaturen des vormodernen und modernen Indien
- Geschichte und Literaturen der islamischen Kulturen Südasiens
- Geschichte und Literaturen des indischen Buddhismus